Content – die Superkraft digitaler Ökosysteme für die Industrie 4.0

Digitale Plattformen sind wie Pilze aus dem Boden geschossen. Jedes Unternehmen, das sich mit Digitalisierung und Industrie 4.0 beschäftigt, hat zumindest schon über den potenziellen Nutzen einer eigenen digitale Plattform nachgedacht. Viele sind damit bereits auf dem Markt. Es gibt zahlreiche Anbieter, die Technologie ist ausgereift und tausendfach bewährt.

Content – die Superkraft digitaler Ökosysteme für die Industrie 4.0

Als Entwickler oder Hersteller von neuen Technologien und als Umsetzer von digitalen Plattformen wird es immer schwieriger. Zum einen wird der Markt komplexer, zum anderen wirkt er aber auch gesättigt. Doch das sollte nicht generell abschrecken vor eigenen Aktivitäten. Notwendig ist nur, dass es gelingt, einen wirtschaftlichen Mehrwert zu erzeugen.

Wenn man zum Beispiel digitale Daten und digitale Services vertreiben möchte, benötigt man eine digitale Plattform, die als Drehkreuz zwischen Daten, Systemen und Kunden fungiert. Dabei spielen Methoden, Speichermedien, Funktionen, Anwendungen, Benutzerschnittstellen und Systemanbindungen entscheidende Rollen.

Möchte man solch eine digitale Plattform umsetzen, entwickeln oder verwenden, stellen sich also notwendigerweise folgende Fragen:

  • Wie werden die Systemdaten erzeugt und übertragen?
  • Woher kommt der Content?
  • Wie werden die Anwender eingebunden?
  • Wie werden Technologien, wie Künstliche Intelligenz oder Deep Learning, integriert?
  • Wie werden die Daten gespeichert?
  • Wie wird die digitale Plattform verwaltet?

Jedoch konzentrieren sich diese Fragen vor allem auf die Technologie und die Umsetzung. Bleibt man bei diesen Aspekten, ist es schwer möglich, mit dieser digitalen Plattform Geld zu verdienen.

Die Kunden digitaler Daten und digitaler Services interessieren sich eher für die Eigenschaften, Funktionen und Merkmale der digitalen Produkte an sich. Die Plattform mit ihrer technischen Umsetzung ist lediglich das Hilfsmittel für den Verkauf digitaler Produkte, so wie der Supermarkt das Hilfsmittel ist, um analoge Produkte zu erwerben.

Eine Kaufentscheidung hängt also viel mehr am „richtigen“ Content als an der richtigen Technik im Hintergrund, denn mit ihm wird die digitale Plattform zu einem digitalen Ökosystem.

Daher sind die entscheidenden Fragen für den Content digitaler Ökosysteme:

  • Wie wird das System in den Content eingebunden?
  • Wie wird der Content erstellt?
  • Welchen Content fordern und nutzen die Anwender wirklich?
  • Welcher Content ist notwendig?
  • Wie generiert man aus dem Content einen realen Business Case?

Was ist der „richtige“ Content?

Sprechen wir es direkt aus: Jeder Content, mit dem sich Geld verdienen lässt, ist der „richtige“ Content.

Doch was genau ist Content? Laut Bedeutungsdefinition im Duden geht es um „qualifizierten Inhalt oder Informationsgehalt“. Der Begriff „Content“ wurde vor allem in der Webseitenentwicklung verwendet und schwappt mit der Digitalisierung in die Industrie 4.0 rüber, wo der Begriff die Bedeutung für „relevante Dateninhalte“ übernimmt. Es geht in der digitalisierten Welt also um Daten mit Bedeutung und mit bestimmten Datenstrukturen.

Beispiele

Für die „Predictive Maintenance“, eine im Rahmen von Industrie 4.0 beliebte Instandhaltungsstrategie, werden Daten und Algorithmen benötigt für das Monitoring, für die Fehlersuche und für die Fehlerabstellung. Diese Algorithmen und Daten sind Content. Aus unserer Sicht bietet dieser Content Mehrwert, mit dem man auch Geld verdienen kann.

Das gleiche gilt:

  • Für Inbetriebnahme-Algorithmen für Anlagen und Produkte,
  • für Upgrades und Optimierungen für Funktionen und Algorithmen und
  • für Daten für die Wartung oder Inspektion von Anlagen und Produkten.

Content kann vom System, von Kunden, aber auch von Funktionen erstellt und genutzt werden.

Analysiert man den Content führender Unternehmen und Produkte, kann man spezielle Merkmale für den „richtigen“ Content erkennen. Im Erfolgsfall ist er von Experten strukturiert, wird von Fachleuten designt, verbindet die Systeme inhaltlich miteinander, wird von Funktionen verwendet, wird von Kunden genutzt, ist bezahlbar und – vor allem – wird bezahlt.

Wie kommt man zum „richtigen“ Content für ein digitales Ökosystem?

Aus obigen Merkmalen leiten sich folgende Aufgaben ab:

  • 1. Content definieren und strukturieren
  • 2. Content methodisch designen
  • 3. Systeme verbinden
  • 4. Content für Funktionen verwenden
  • 5. Content nutzbar machen
  • 6. Bezahlmodell entwickeln

Aufgabe 1: Content für das digitale Ökosystem definieren und strukturieren

Nicht die Plattform entscheidet, wie der Content aussehen muss, sondern umgekehrt. Es sollte anhand des Contents und der Funktionen entschieden werden, wie die digitale Plattform umgesetzt werden muss. Ausgehend von den Anforderungen der Kunden an die Funktionen und Daten, muss der Content so entwickelt werden, dass er in den Funktionen der digitalen Plattform verwendet werden kann (vgl. Aufgabe 4). Speziell ist darauf zu achten, dass sich die Funktionen mit dem Format der Daten geeignet umsetzen lassen. Es ist also erforderlich, sich eingehend mit den Daten zu beschäftigen, die verkauft werden sollen, deren digitale Strukturen klar zu definieren und ein geeignetes Datenformat zu entscheiden.

Ein gern genutztes Datenformat ist XML. Hierin lassen sich die Daten gut strukturieren. Außerdem kann dieses Datenformat perfekt in digitalen Projekten verwendet werden. Aber auch jedes andere Datenformat ist geeignet, solange das System damit umgehen kann.

Aufgabe 2: Content mittels geeigneter Methoden designen

Nachdem die Struktur des Contents definiert ist, steht im Vordergrund, wie dieser erzeugt werden soll. Der Aufwand hierfür sollte nicht unterschätzt werden, schließlich handelt es sich um das digitale Produkt. Da hochqualifizierte Programmierer in der Regel nicht notwendigerweise die benötigte inhaltlich-fachliche Kompetenz haben, empfiehlt es sich, den Content von Fachleuten erzeugen zu lassen. Dazu können diese sich einfacher und visueller Methoden bedienen, geeigneten Verfahren und Prozessen folgen, bis vorgegebene Qualitätsmaßstäbe erreicht sind.

Bewährt haben sich dabei standardisierte Schritte für die Content-Erstellung wie:

  • Visualisieren des Systems,
  • Definieren des Problems und
  • Designen der Lösung.

Aufgabe 3: Systeme verbinden für den Content

In einer Welt der Digitalisierung und Industrie 4.0 ist der Content eng verknüpft mit dem Produktionsprozess bzw. der Funktionalität des Produktes. Daher müssen Schnittstellen zwischen Anlage, Produkt, Produktion und Content exakt festgelegt werden.

Hierzu muss analysiert werden, wie die Daten vom technischen System erzeugt werden, wie sie in das Content-System gelangen und schließlich, wie sie mit dem Content verbunden werden.

Dabei geht es nicht nur um die physikalische Schicht, wie USB oder Ethernet. Sondern vor allem um die Daten, die über diese Schnittstellen übertragen werden.

Im obigen Beispiel der „Predictive Maintenance“ muss in dieser Aufgabe festgelegt werden, welche Informationen und Messwerte aus der Anlage oder dem Produkt zyklisch ausgelesen und abgespeichert werden (Monitoring), damit die nachfolgenden Funktionen diese verarbeiten und nutzen können.

Aufgabe 4: Content für Funktionen in der digitalen Plattform verwenden

Der Content kann nicht immer in Originalform weitergegeben werden. Oft findet eine Verarbeitung in speziellen Funktionen von nachgelagerten Systemen, Künstlichen Intelligenzen oder Datenbanken statt. Für diese Bearbeitung muss der in anderen Systemen entwickelte Content passend sein (vgl. Aufgabe 1).

Für das Beispiel der „Predictive Maintenance“ werden die Daten in eine Künstliche Intelligenz übertragen, die dann mithilfe von speziellen Daten und Algorithmen die Wahrscheinlichkeiten des Auftretens von Fehlerursachen berechnet und zurückgibt.

Aufgabe 5: Content für Kunden nutzbar machen

Die Kunden entscheiden über Form, Art und Weise des Contents. Somit werden sie zu den Entscheidern für die digitalen Produkte.

Ähnlich wie im Supermarkt, wo der Kunde entscheidet, welche Produkte er kauft.

Es sollte regelmäßig beobachtet und geprüft werden, wie Kunden den Content nutzen, um aus den Erkenntnissen Verbesserungen für Eigenschaften und Strukturen des Contents abzuleiten.

Die Entwicklung einer UX (User Experience) für die Nutzung der Daten und Algorithmen durch die Kunden kann die Antwort sein auf:

  • Wie soll der Kunde Daten erhalten?
  • Wie soll er den Content sehen, spüren oder hören?
  • Was soll die Emotion sein, die der Content im Kunden auslösen soll?

Aufgabe 6: Bezahlmodell entwickeln

Der Content ist das digitale Produkt, mit dem Geld verdient werden soll. Content kann zu direkten Erlösen führen, weil der Kunde dafür direkt bezahlt. Content kann aber auch zu Einsparungen führen, weil ein Produkt oder eine Anlage schneller herstellbar, leichter reparierbar oder einfacher zu vermarkten ist. Die Entscheidung für ein Bezahlmodell sollte beide Aspekte berücksichtigen.

Für das Beispiel der „Predictive Maintenance“ könnte der Kunde für die Nutzung der Funktion in Form einer Flatrate bezahlen.

Fazit

Der vom Kunden geforderte und genutzte Content bildet die Grundlage für das Business in digitalen Ökosystemen. Die Technologie der zugrunde liegenden digitalen Plattformen ist eher zweitrangig, solange sie Ihre Grundfunktionalität erfüllen.

Die Entwicklung von digitalen Produkten auf Basis von Daten wird der Industrie nur gelingen, wenn der notwendige Content methodisch erstellt und verwendet wird. Dabei sollten alle Merkmale für den „richtigen“ Content beachtet werden.

Nutzt die Industrie die vorhandenen Erfahrungen, Methoden und Erkenntnisse zur Erstellung, Vermarktung und Verwaltung von gutem Content, so ist zu erwarten, dass sie die Digitalisierung meistert und sich der Erfolg – vor allem der wirtschaftliche – schnell einstellt.

Dieser Beitrag ist ursprünglich auf unserem Partnerportal BigData Insider erschienen.

* Heino Brose ist Geschäftsführer der Synostik GmbH.

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