Maschinenraum: Die Schwarmintelligenz des Mittelstands nutzen

Im Maschinenraum-Netzwerk schmieden deutsche Familienunternehmen Pläne für die Zukunft. Aus den Hidden Champions sollen digitale Verbündete werden – die gleichzeitig ihre individuelle Tradition bewahren und offen in die Zukunft blicken. In einem roten Backsteingebäude in der Berliner Zionskirchstraße sollen die Hidden Champions der deutschen Wirtschaft neue Wege gehen. Nicht, dass das bisherige Schaffen dieser über […] Der Beitrag Maschinenraum: Die Schwarmintelligenz des Mittelstands nutzen erschien zuerst auf Plattform für Digitalisierung und Nachhaltigkeit.

Maschinenraum: Die Schwarmintelligenz des Mittelstands nutzen

Im Maschinenraum-Netzwerk schmieden deutsche Familienunternehmen Pläne für die Zukunft. Aus den Hidden Champions sollen digitale Verbündete werden – die gleichzeitig ihre individuelle Tradition bewahren und offen in die Zukunft blicken.

In einem roten Backsteingebäude in der Berliner Zionskirchstraße sollen die Hidden Champions der deutschen Wirtschaft neue Wege gehen. Nicht, dass das bisherige Schaffen dieser über 50 mittelständischen Familienunternehmen ausgedient hätte. Doch alle eint die Erkenntnis: Es ist an der Zeit, sich zu verbünden, Wissen und Erfahrungen zu teilen und offener für branchenübergreifende Kooperationen zu werden.

Für dieses intrinsische Vorhaben orchestriert das Netzwerk Maschinenraum die physischen und digitalen Rahmenbedingungen: „Wir bieten einen geschützten Raum, in dem Familienunternehmen von Hidden Champions zu digitalen Verbündeten, sogenannten Open Champions, werden“, erklärt Managing Director Tobias Rappers.

Offene Champions soll nicht heißen, dass die Unternehmen ihre tiefsten Geschäftsgeheimnisse preisgeben. Vielmehr bietet sich den Unternehmen die Chance, sich weiterzuentwickeln, mit- sowie besonders aneinander zu wachsen und den eigenen Status zu hinterfragen, ohne gleich am großen Ganzen zu zweifeln. Rappers nennt dieses flexible Konstrukt ein „geteiltes Ökosystem“, in dem starke Unternehmen bewährte Praktiken lernen, kreative Allianzen bilden und mit neuen Möglichkeiten experimentieren können. „Der Maschinenraum ist nur so stark, wie auch Unternehmen bereit sind, ihr Wissen zu teilen und sich zu engagieren“, meint Rappers.

Maschinenraum: Digital, offen und kooperationswillig

Die unternehmerische „Ernte“ winkt später, wenn der neue Input womöglich in das eigene Geschäftsmodell und die eigene Firmenkultur übertragen wurde. Rappers und sein Team begleiten diese Prozesse und agieren als eine Art Kuratoren der Ideen und Themen. Über Häufigkeit, Inhalte und Schwerpunkte entscheiden dabei die Mitgliedsunternehmen selbst, indem sie in fachspezifischen oder interdisziplinären Peer-Groups zu rund 20 Themen aus ihrem Firmenalltag konferieren.

Nicht immer sind alle Unternehmen gleich beteiligt. Vielmehr ergeben sich Wissensteilung und Zusammenarbeit innerhalb der Community – mal quartalsweise mit strategischer Planung für spezielle Themen, mal konspirativ je nach Bedarf und Dringlichkeit. „Zu 90 Prozent in digitalen Formaten“, wie Rappers betont. Das unsichtbare Herzstück der deutschen Wirtschaft – der weltberühmte deutsche Mittelstand – solle dadurch sichtbarer werden.

Diesen Effekt hat auch Schöck Bauteile aus Baden-Baden kennengelernt, als das Unternehmen 2020 eines der ersten Mitglieder im Maschinenraum wurde. Ein wichtiger Schritt für den Bauproduktehersteller, wie Nora Legittimo, Chief Digital Officer (CDO), erklärt: „Familienunternehmen sind speziell in ihrem Alltagsgeschäft und den Produktionsprozessen sehr versiert und innovationsfreudig. Dagegen tun sie sich schwerer, alternative oder interdisziplinäre Ansätze zuzulassen und in ihren Kosmos zu übertragen.“

Meilensteine und offene Fehlerkultur

Basierend auf dieser Erkenntnis hinterfragten die Verantwortlichen von Schöck ihre Perspektive auf Innovation, gründeten intern eine eigene Digital-Unit und näherten sich schließlich dem Maschinenraum-Netzwerk an – wo sie überraschende Offenheit erlebten: Vertreter von Viessmann aus Allendorf im hessischen Edertal gaben als Initiator und Gründer des Maschinenraums ihren ersten Gästen umfassende Einblicke in ihre digitale Transformation der vergangenen Jahre.

Der CEO des Spezialisten für Heiztechnik- und Klimalösungen, Max Viessmann, berichtete zum Beispiel von unternehmerischen Meilensteinen; darunter dem mutigen Generationswechsel in der Führungsetage von seinem Vater Martin zu ihm als damals erst 29-Jährigen. Oder von der Neuausrichtung der Produkte zu einem digitalen und klimafreundlichen Lösungsportfolio. Oder auch von den Investitionen in innovative Start-ups und deren Know-how. Aber auch Fehler, teure Missverständnisse oder so manche strategische Einbahnstraße legte der heute 33-Jährige transparent offen.

Im Anschluss hörte der Unternehmer den Schilderungen der Schöck Gruppe aufmerksam zu. Dabei zeigte er sich ebenfalls beeindruckt und nahm seinerseits Anknüpfungspunkte für die Praxis auf.

Mit diesem Vorgehen spiegelte Viessmann von Anfang an, was er sich vom Maschinenraum erhofft. Offenheit, Vertrautheit sowie Lern- und Kooperationswillen. Gleich, ob es sich um ein Unternehmen mit einem Jahresumsatz von circa drei Milliarden Euro – wie Viessmann – handelt oder um eines mit 300 Millionen Euro, erklärt Rappers, der den Maschinenraum zusammen mit Max Viessmann initiiert hat. Erzählen und Zuhören – dieses einfache Konzept überzeugte auf Anhieb: „Gerade im Hinblick auf die Herausforderungen der digitalen Transformation ist der Austausch mit anderen Branchen wie eine Erfrischungskur für viele Bereiche des Unternehmens und die internen Abläufe“, resümiert Legittimo von Schöck Bauteile die Beziehungen, die Unternehmen im Maschinenraum knüpfen können.

Gemeinsam stark – auch digital

Hilfreich sind dafür die ähnlichen Strukturen im Mittelstand, die laut Rappers branchenübergreifend zu 80 Prozent identisch seien. So lassen sich etablierte Themenfelder wie Marketing, Recruiting oder Vertrieb pragmatisch oder disruptiv denken. Parallel dazu werden auch strategisch wichtige Megatrends wie Digitalisierung, Innovation und Nachhaltigkeit berücksichtigt. Im Schwarm sollen so Impulse und Inspiration geschaffen werden.

Wichtig ist Rappers, dass der Maschinenraum kein Wissensträger und schon gar kein Krankenhaus für schwächelnde Firmen sei. Immerhin sind die Mitglieder wirtschaftlich rundum gesunde Marktführer in ihrer jeweiligen Nische und oftmals global aktiv. Diese besondere Form der Schwarmintelligenz ist der entscheidende Trumpf des Netzwerkes – und gleichzeitig ein Versprechen: Im Fortschrittswillen verbündet, haben die Familienunternehmen mit ihrer individuellen Tradition eine große Zukunft vor sich.

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